Amtliche Meldung

„Erinnerungskultur und die Bewahrung jüdischen Erbes“

„Die drei Personen, auf die heute der Focus gerichtet ist, sind beredtes Beispiel dafür, dass jeder mit seinen Stärken eine Gemeinschaft weiterbringen und damit einen Verein mittragen und entwickeln kann, der sich seit fast einem Vierteljahrhundert um einen ganz besonderen Aspekt kümmert: das jüdische Leben in Bingen, einst und heute“, so begrüßte Oberbürgermeister Thomas Feser Beate Goetz, Dr. Hans-Josef von Eyss und Hermann-Josef Gundlach. Die drei Mitglieder des Arbeitskreises Jüdisches Bingen (AKJB), der 1998 gegründet wurde und mittlerweile knapp 190 Mitglieder hat, wurden am Donnerstag mit dem ältesten Stadtsiegel aus dem Jahre 1254 ausgezeichnet.

„Mir ist wichtig, dass die Thematik nicht nur von Institutionen bearbeitet wird, in Bingen beispielsweise vom Museum am Strom, sondern aus der Mitte der Bevölkerung heraus gelebt wird. Denn die Erinnerungskultur und die Bewahrung jüdischen Erbes in unserer Stadt ist eine anspruchsvolle und unglaublich wichtige Aufgabe“, hob das Binger Stadtoberhaupt hervor.

Das Stadtsiegel in Bronze überreichte der Oberbürgermeister an Beate Goetz. Sie ist Gründungsmitglied des AKJB und knüpfte schon früh Kontakt zu ehemaligen Binger Juden, denen die Flucht vor dem Nazi-Regime gelang. Ein reger Schriftwechsel entstand und mündete in einer Initiative 1999 ehemalige Binger Juden mit Begleitpersonen in die alte Heimat einzuladen. Auch der Austausch mit den nachkommenden Generationen wird noch immer gepflegt. Aber Beate Goetz widmet sich auch denjenigen, die die NS-Zeit nicht überlebten, erforscht deren Familiengeschichten und publiziert die Ergebnisse. Ihrem Engagement und ihrer Recherche ist es auch zu verdanken, dass in Bingen inzwischen 115 „Stolpersteine“ verlegt sind und Hinweis darauf geben, wo die letzten freigewählten Wohnsitze der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger waren.

Ebenfalls mit dem Stadtsiegel in Bronze wurde Dr. Hans-Josef von Eyss ausgezeichnet. „Was Dr. Hans-Josef von Eyss ganz besonders ausmacht, ist seine Akribie und scheinbar große Geduld.  Als Ahnenforscher haben Sie 56.000 Einträge in historischen Familienbüchern transkribiert und damit zugänglich gemacht. Sie verbinden uns durch Informationen mit unserer Geschichte und dokumentieren die Zeitläufe und Verbindungen“, hob der Oberbürgermeister hervor, bevor er darauf einging, das Dr. Hans-Josef von Eyss auch die Geschichte der Binger Juden in einer Publikation zugänglich gemacht hat, die jüngst überarbeitet in einer dritten Auflage erschienen ist. Darüber hinaus ist er der stellvertretende Vorsitzende und der Webmaster des AKJB.

Die Arbeit des Arbeitskreises und seines ersten Vorsitzenden, von Hermann-Josef Gundlach, sei notwendiger denn je, denn der Diskurs über ethnische, kulturelle und religiöse Vielfalt werde rauer, nationalistische und auch antisemitische Tendenzen seien verstärkt zu beobachten, wie Thomas Feser betonte. „Du siehst den AKJB als ,Bürgerinitiative gegen Rassismus und Antisemitismus‘.“

Junge Menschen mit einzubeziehen, wie in der Zusammenarbeit mit der Rochus-Realschule oder der Bücherei³, eigene Publikationen zu veröffentlichen – die in auch in Nationalbibliotheken zu finden sind und sich auch um den jüdischen Friedhof, der mit rund 1.000 Grabsteinen zu den Größten in Rheinland-Pfalz gehört, zu kümmern, Veranstaltungen zu organisieren – all das mache der AKJB. „Der Arbeitskreis und damit das Thema Eurer Arbeit sind immer wieder präsent im öffentlichen Leben und haben einen festen Platz in der Kultur unserer Stadt. Insgesamt betrachtet, ein Engagement, das gewürdigt werden muss“, so der Oberbürgermeister beim Überreichen des Ältesten Stadtsiegels in Silber an Hermann-Josef Gundlach.

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